Beitrag:6016 20181015125246 Autorenkommentar
Franz Janson schreibt (Splittermond.de (Werkstattbericht: Splittermond – Die Magie, Teil 3) ▪ 15 Oktober 2018 )
„Purpurne Roben, Kohlenschalen, gefesselte Opfer? Und Arrou, ich enttäusche dich nur ungern, aber ich denke, das ist kein Volkslied, das diese Gestalten da singen.“
—Keira Alvios zu ihren Gefährten, kurz bevor sie das finstere Ritual des Ku’tazan verhindern
Ritualmagie ist ein beliebtes Motiv in beinahe jeder Fantasy-Geschichte und in unzähligen Rollenspiel-Abenteuern. Mit den Regeln zu magischen Ritualen wollten wir dafür in Splittermond einen Rahmen zur Hilfe und Inspiration setzen, ohne dem Spielleiter die Freiheit zu nehmen, Rituale für die eigene Geschichte maßzuschneidern und nach Belieben anzupassen, was etwa der Fall gewesen wäre, wenn man einen festen Katalog an Ritualen mit Anleitungen und Wirkungen vorgibt.
Stattdessen haben wir Ritualwirkungen recht grob in Grade eingeteilt, die mit 0 bis 5 der Skalierung der Zauber entsprechen, aber natürlich in einer gänzlich anderen Liga spielen: Grob vereinfacht liegen selbst die Grad 0-Rituale in ihrer Mächtigkeit knapp über einem Grad 5-Zauber und Grad 5-Rituale sind wahrlich welterschütternd.
Dazu haben wir ein Punktesystem aufgeführt, das abbildet, wie viel ‚zeremonieller Aufwand‘ betrieben werden muss, die magische Wirkung hervorzubringen. Diese sogenannten Komponentenpunkte können auf eine Vielzahl von Arten erbracht werden: wochenlange Vorbereitung, ein besonderer Ritualzeitpunkt wie etwa eine Tag-und-Nacht-Gleiche, ein magisch potenter Ritualort, ein kleines Heer unheimlicher Kultisten oder der Einsatz von sündhaft teuren und seltenen Materialien. Darüber hinaus kann ein machtvolles Ritual natürlich auch persönliche Opfer wie den Verlust des eigenen Schattens bedeuten und skrupellose Schwarzmagier sind natürlich dafür bekannt, in ihren Ritualen Unschuldige als Blutopfer darzubringen, um den Mangel an anderen Komponenten auszugleichen oder einfach weil das Ritual es verlangt. Zu jeder dieser Möglichkeiten finden sich im Band Tabellen, die eine Einschätzung zulassen, wie viele Komponentenpunkte auf diese Weise erbracht werden können.
Besonders gut gelöst finde ich persönlich die Umsetzung der Einschränkungen und Bedingungen, die Rituale oder mächtige Zauberwirkungen in Fantasy-Geschichten ja häufig haben. Wer kennt nicht die arkane Verhehlung der magischen Stadt, die nur wirkt, wenn alle fünf Jahre ein Jüngling geopfert wird oder die magische Stele, die der tollpatschige Söldner umstößt und damit die Wirkung eines jahrhundertealten Bannfluchs aufhebt? In unserem System senken sie die notwendige Summe an Komponentenpunkten, eröffnen dadurch aber auch eine einfache Möglichkeit, die Ritualwirkung aufzuheben.
Mich begeistert die Lektüre dieses Kapitels immer wieder und spontan fallen mir bei jeder der Tabellen unzählige Abenteueraufhänger ein, wie meine Spielrunde solch ein Ritual durchführen oder verhindern muss. Oder aber, wie es einem Countdown ähnlich Zeitdruck in eine Abenteuerszene bringt, weil verschiedene Objekte zerstört und Ritualzauberer gestört werden müssen, bevor die erfolgreiche Beendigung der Ritualzeremonie zu katastrophalen Auswirkungen führt. Denn natürlich finden sich in dem Kapitel auch regeltechnische Hinweise zur Durchführung und Unterbrechung von Ritualen sowie zur Aufhebung von Ritualwirkungen.